Ringer­flechte im Grappling: Ursachen, Risiko & Prävention(auch bekannt als Ringworm, Tinea, Dermatophytose)

Was ist Ringworm überhaupt?

„Ringworm“, „Ringerflechte“, „Mattenpilz“, „Ringerpilz“ – all das bezeichnet dasselbe: eine Pilzinfektion der Haut, meist durch sogenannte Dermatophyten (lateinisch: Tinea corporis).
Mit Würmern hat das nichts zu tun – der Name stammt nur von der kreisrunden, ringförmigen Form der Infektion.

Wie sieht das aus?

Zu Beginn ist Ringworm oft unscheinbar – eine kleine, leicht raue oder schuppige Stelle, manchmal mit blassem Zentrum und einem rötlicheren Rand.
Im Verlauf bildet sich meist ein deutlich sichtbarer, runder oder ovaler Ring, der außen etwas erhaben, gerötet oder schuppig ist und in der Mitte heller oder fast normal wirkt.

Je nach Hauttyp und Stadium kann das so aussehen:

  • Frühes Stadium: eine kleine, trockene Stelle, die aussieht wie ein Ekzem oder eine Druckstelle.

  • Fortgeschritten: klar abgegrenzter, kreisrunder Fleck (meist 1–4 cm), der außen rötlich, innen heller ist.

  • Bei heller Haut: deutlich rötlich bis rosa.

  • Bei dunklerer Haut: eher bräunlich oder gräulich, manchmal mit leichtem Glanz oder Schuppenrand.

  • Juckreiz: meist leicht, aber konstant. Nicht jeder hat ihn.

  • Typische Orte: Nacken, Schultern, Unterarme, Rücken, Bauch, Oberschenkel – also überall, wo beim Grappling direkter Hautkontakt oder Reibung auftritt.

Manchmal erscheinen mehrere kleine Ringe nebeneinander, die mit der Zeit zusammenfließen.
In seltenen Fällen (vor allem bei starkem Training, schwachem Immunsystem oder Kratzen) kann der Pilz sich in Haarfollikel oder tiefere Hautschichten ausbreiten – dann dauert die Heilung deutlich länger.

Warum Ringworm oft zu spät erkannt wird

Gerade in Westeuropa wird Ringer­flechte erstaunlich oft nicht sofort richtig erkannt – weder von Ärzten noch in der Apotheke.
Das liegt schlicht daran, dass Dermatophyten-Infektionen im Kampfsportbereich hier selten vorkommen, und viele Ärzte kaum Erfahrung mit Sportlern haben, die regelmäßig auf Matten trainieren.

Ein Hausarzt, der sonst überwiegend Grippe, Rückenschmerzen und Allergien behandelt, sieht solche Hautveränderungen selten. Wenn dann jemand mit einer kleinen, leicht geröteten, trockenen Stelle kommt, heißt es schnell:

„Das ist sicher nur eine raue Stelle, vielleicht Ekzem oder trockene Haut – cremen Sie mal mit einer Fettcreme ein.“

Das Problem: Damit verstreichen oft mehrere Tage, in denen sich der Pilz weiter ausbreiten kann. Nach einer Woche sieht die Stelle dann plötzlich deutlich größer, rötlicher oder schuppiger aus – und die Behandlung dauert entsprechend länger.

Besonders heikel ist, dass die Ränder häufig nur leicht erhaben sind und in der Mitte schon wieder abheilen – was für Laien (und leider auch manche Ärzte) nicht sofort „krank“ aussieht, sondern eher wie eine kleine, harmlose Hautreizung.

Warum Grappler besonders anfällig sind

1. Offene Mikroverletzungen

Beim Grappling entstehen ständig kleinste Kratzer und Mikroverletzungen durch Reibung auf der Matte oder durch Gi-Griffe. Diese winzigen Öffnungen in der Haut sind ideale Eintrittsstellen für Pilzsporen.
Im normalen Alltag wäre das kein Problem, aber im Training liegt dauerhafter Hautkontakt mit anderen vor – plus Schweiß, plus Reibung – das ergibt den perfekten Nährboden.

2. Open-Window-Effekt & Immunsystem

Nach intensivem Training ist das Immunsystem für einige Stunden messbar geschwächt – das nennt man den Open-Window-Effekt.
Durch hohe Trainingsbelastung, wenig Schlaf oder unzureichende Ernährung kann dieser Effekt verstärkt werden. Das bedeutet:
Selbst wenn du dich regelmäßig wäschst und keine offenen Wunden hast, kann dein Körper in dieser Phase weniger gut auf Sporen reagieren, die sonst vielleicht abgewehrt worden wären.

Zusammen mit kleinen Hautverletzungen entsteht also eine Art „Einfallstor“, das es dem Pilz leicht macht, sich einzunisten.

Was man tun sollte, wenn man Verdacht hat

1. Training pausieren

So banal es klingt: Trainingspause ist Pflicht. Auch bei nur kleinen Stellen.
Denn sobald du mit offener oder aktiver Infektion auf der Matte bist, überträgst du den Pilz auf deine Trainingspartner oder die Mattenoberfläche.

Ein Pflaster oder Tape darüberzukleben hilft nicht – im Gegenteil:

  • Unter dem Pflaster staut sich Wärme und Feuchtigkeit,

  • der Pilz bekommt perfekte Wachstumsbedingungen,

  • und du infizierst dich selbst weiter (z. B. über andere Hautstellen beim Duschen).

Also: Nicht abkleben, nicht verstecken, nicht trainieren.

2. In der Apotheke: erste Behandlung

In der Regel ist eine antimykotische Creme ausreichend, wenn man früh reagiert.
Ein verbreitetes Präparat ist z. B. Lamisil (Wirkstoff: Terbinafin), es gibt aber auch viele gleichwertige Produkte mit demselben oder ähnlichem Wirkstoff.
Die Behandlung erfolgt meist 1–2 × täglich über 1–2 Wochen, auch wenn die Stelle schon besser aussieht – sonst kommen die Sporen zurück.

Wenn die Stelle nach 5–7 Tagen nicht sichtbar besser wird oder neue Herde auftreten, sollte man unbedingt zum Hautarzt – eventuell ist eine systemische Behandlung (Tabletten) nötig.

3. Sauberkeit & Umfeld

Parallel zur Cremebehandlung:

  • Gi, Rashguard, Handtuch etc. heiß waschen

  • Bettwäsche, Trainingskleidung, Mattenkontaktflächen desinfizieren

  • Matten zu Hause oder im Gym regelmäßig reinigen

  • Hände nach dem Cremen gründlich waschen

So unterbricht man den Kreislauf und verhindert, dass die Sporen wieder auf die Haut gelangen.

Kurz gesagt

In 90 % der Fälle ist Ringer­flechte kein Drama, wenn man sie früh erkennt, konsequent behandelt und nicht trainiert, bis sie komplett abgeheilt ist.
Problematisch wird es erst, wenn man sie übersieht, falsch einschätzt oder verschleppt – was leider häufig passiert, weil die meisten Ärzte in Mitteleuropa schlicht wenig Kontakt zu dieser Art Infektion haben.

Wer regelmäßig Grappling betreibt, sollte daher wissen, wie die typischen Hautveränderungen aussehen – und lieber einmal zu früh reagieren als zu spät.

Begriffe im Überblick

  • Allgemein geläufige Bezeichnung: Ringworm (englisch), im Deutschen auch „Ringer­flechte“, „Ringpilz“.

  • Medizinischer Sammelbegriff: Dermatophytose oder „Dermatophyten-Infektion“. Wikipedia+3Wikipedia+3jiujitsumedicine.com+3

  • Fachbegriff je nach Lokalisation:

    • Tinea corporis = Haut am Körperstamm und Extremitäten (nicht Kopf-/Bart-/Nagelbereich) Wikipedia+1

    • Tinea capitis = Kopf-/Haarbereich

    • Tinea cruris = Leistenbereich (oft „Jock itch“)

    • Wenn spezifisch im Kampf­sport: Tinea gladiatorum – Begriff für Ringworm bei Ringer/ Grappler PMC+1

Erreger

Hauptursache sind Pilze aus der Gruppe der Dermatophyten, insbesondere der Spezies Trichophyton tonsurans – z. B. bei Grappling‐Infektionen nachgewiesen. PubMed+1 Diese Pilze „lieben“ Keratin, das in Haut, Haaren und Nägeln vorkommt. Jiu Jitsu Legacy+1

Was passiert im Körper?

  • Die Sporen oder Knoten des Pilzes gelangen über Hautkontakt oder kontaminierte Oberflächen an eine geeignete Stelle.

  • In warmer, feuchter Umgebung mit Hautabrieb (z. B. durch Reibung beim Rollen) können sie aktiv werden. PMC+1

  • Auffällig: Es entsteht meist eine ringförmige, erhabene, schuppende Hautstelle mit zentraler Heilung („Ring“) – daher der Name „Ring­worm“. Wikipedia+1

Warum tritt Ringworm im Nah­kontakt­sport häufiger auf?

Haut­zu-Haut-Kontakt & Umgebungs­bedingungen

  • Beim Grappling stehen Haut-/Hautkontakt, Schwitzen, Reibung und offen sichtbare Hautflächen im Vordergrund — perfekte Voraussetzungen für die Übertragung. Jiu-Jitsu Blog+1

  • Matten, Gi, Rashguards, Kopf-/Stoppteile können (wenn nicht sauber) Sporen beherbergen. Manche Studien berichten über Matten-Kontaminationen. Lippincott

  • Studien zeigen: die Prävalenz bei Ringern/ Grapplern kann bis zu ca. 30-40 % liegen (z. B. Meta-Analyse: Gesamtprävalenz 34,29 %) PubMed

Weitere Risikofaktoren

  • Offene Hautverletzungen oder Mikroabrieb (durch Reibung) erhöhen das Risiko. PMC

  • Trainingsumgebung: feucht-warm, schlechter Luftaustausch, viele Personen dicht beieinander.

  • Schlechte Hygiene: Ungewaschene Gis, Rashguards, mehrfach benutzte Handtücher etc. Tackett Jiu Jitsu

Warum es manchmal trotzdem vorkommt

  • Eine einzige infizierte Person kann der Ausgangspunkt („Patient Zero“) für eine Ausbreitung sein – auch wenn Matten gereinigt sind. Studien zeigen höhere Trägerzahlen unter Sportlern als auf Matten. jiujitsumedicine.com+1

  • Manche Gyms haben zwar gute Technik, aber nicht genügend Kontrollen, oder die Kultur erlaubt es, mit Hautproblemen weiter zu trainieren → Risiko steigt.

Warum Ringworm im No-Gi-Training häufiger vorkommt

Im No-Gi-Training ist der direkte Hautkontakt deutlich intensiver als im Gi.
Während im Gi-Stoff ein großer Teil der Kontaktfläche durch Kleidung abgedeckt ist, reibt im No-Gi praktisch Haut auf Haut.
Das bedeutet: mehr Reibung, mehr Schweiß, mehr Mikroverletzungen – und damit auch eine größere Eintrittsfläche für Pilze oder Bakterien.

Zudem bleibt Schweiß im No-Gi weniger „gebunden“ – die Haut bleibt feucht, was Pilzsporen besonders mögen.
Deshalb gilt: Wer anfällig ist oder viel No-Gi trainiert, fährt besser, wenn er langärmlige Rashguards und Spats trägt.
Das reduziert nicht nur den Hautkontakt selbst, sondern auch die Gefahr von kleinen Kratzern, Reibestellen oder aufgeschürften Stellen, durch die Pilzsporen in die Haut gelangen können.

Warum es im Urlaub oder auf Reisen öfter passiert

Wer auf Trainingsreise geht, auf einem Camp trainiert oder im Ausland im Gym rollt, hat ein deutlich höheres Risiko, sich einen Hautpilz einzufangen – auch wenn alles sauber wirkt.
Das liegt nicht an mangelnder Hygiene, sondern daran, dass der Körper an die Keime der eigenen Trainingsumgebung gewöhnt ist.
Das Immunsystem kennt sozusagen die „Hausflora“ deines Gyms – und reagiert meist problemlos darauf.

Trifft es aber auf neue Keime oder Pilzstämme, etwa in einem anderen Land oder Klima, fehlt diese Anpassung.
Dazu kommt: Reisen, Flüge, Schlafmangel, Klimaanlagen und veränderte Ernährung schwächen das Immunsystem – der Körper ist also anfälliger für Infektionen aller Art, auch für Hautpilze.

Gerade in tropischeren Regionen oder bei feuchtwarmem Klima – also auf Camps, Turnieren oder in Ländern wie Brasilien, Spanien, Thailand oder den Emiraten – lohnt es sich, besonders aufmerksam zu sein:
Täglich duschen, direkt nach dem Training trockene Kleidung, eigene Mattenhandtücher, keine geteilten Waschlappen oder Handtücher, Rashguard und Spats – und im Zweifel lieber einmal zu viel duschen als einmal zu wenig.

Fazit

Ringer­flechte ist unangenehm, aber gut behandelbar — wenn man sie früh erkennt und konsequent angeht. Im Nahkontakt­sport wie BJJ ist die Gefahr deutlich erhöht, deshalb sind Hygiene, Schnelligkeit bei Erkennung, klare Regeln im Gym und sensibles Verhalten aller Beteiligten entscheidend. Wenn ein Gym systematisch und verantwortungsbewusst damit umgeht, kann man das Risiko stark reduzieren.

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