🥋 Das IBJJF-Kinder-Gurtsystem – Theorie, Praxis und Wettkampf

Einleitung: Warum das System so komplex ist

Wer sich zum ersten Mal mit dem IBJJF-Kinder-Gurtsystem beschäftigt, stolpert schnell über Begriffe wie Grau-Weiß, Orange-Schwarz oder Grün-Weiß – und wundert sich, warum es so viele Zwischenstufen gibt.

Für Erwachsene gibt es fünf Hauptfarben. Bei Kindern hingegen existiert ein viel feiner abgestuftes System, das sowohl den körperlichen als auch den technischen Entwicklungsstufen gerecht werden soll.

Das Ziel:

  • Kinder langfristig motivieren

  • Sicherheit im Training gewährleisten

  • Faire Wettkampfpaarungen ermöglichen

Doch zwischen dem offiziellen Regelwerk, der Umsetzung in den Gyms und der Handhabung im Wettkampf gibt es deutliche Unterschiede.

1️⃣ Das offizielle IBJJF-System – die Theorie

Die International Brazilian Jiu-Jitsu Federation (IBJJF) hat ein festes Farbschema und Altersgrenzen für Kinder festgelegt.

Kinder durchlaufen – je nach Einstiegsalter – folgende Gürtelfarben:

Reihenfolge:

Weiß → Grau → Gelb → Orange → Grün → Blau → Lila → Braun → Schwarz

Blau ist der erste „Erwachsenen-Gürtel“ und darf laut IBJJF frühestens mit 16 Jahren verliehen werden.

Zwischenstufen

Jede Farbe (außer Weiß und Blau) wird in drei Varianten verliehen:

  1. Farbe + Weiß (z. B. Gelb-Weiß)

  2. Vollfarbe (z. B. Gelb)

  3. Farbe + Schwarz (z. B. Gelb-Schwarz)

Beispiel für Gelb:

  • Gelb-Weiß → Gelb → Gelb-Schwarz → nächster Gürtel (Orange-Weiß)

Diese Unterteilung soll Fortschritt sichtbar machen, ohne Kinder zu lange auf derselben Stufe zu halten.

Altersgrenzen laut IBJJF

  • 4 Jahre: frühestes Alter für Grau

  • 7 Jahre: frühestes Alter für Gelb

  • 10 Jahre: frühestes Alter für Orange

  • 13 Jahre: frühestes Alter für Grün

  • 16 Jahre: Wechsel zu Blau (Juvenile-Kategorie)

Zwischen diesen Altersstufen gelten Mindesthaltezeiten für jeden Gürtel, die verhindern sollen, dass Kinder zu schnell durch das System gehen.

2️⃣ Umsetzung im Gym – die Praxis

In der Realität setzen nicht alle Gyms das IBJJF-System 1:1 um.

Gründe dafür:

  • Nicht jedes Gym richtet sich an IBJJF-Wettkämpfern.

  • Manche Trainer wollen ein einfacheres System.

  • Zwischenstufen werden nicht immer vergeben, um die Gürtelvergabe seltener und bedeutungsvoller zu halten.

Häufige Praxisvarianten:

  • Vereinfachung: Einige Schulen überspringen z. B. Gelb-Weiß oder Gelb-Schwarz und verleihen nur Vollfarben.

  • Flexibilität: Manche Kinder überspringen eine Farbstufe, wenn sie sehr fortgeschritten sind – vor allem, wenn sie spät einsteigen.

  • Trainerentscheidung: Verhalten, Trainingseifer und Technikverständnis spielen eine Rolle, nicht nur die Zeit auf dem Gürtel.

💡 Das bedeutet: Ein Kind mit Gelb-Schwarz in einem Gym könnte in einem anderen Gym vielleicht nur Gelb oder schon Orange haben – ohne dass das unbedingt etwas über die Leistung aussagt.

3️⃣ Wettkampf-Realität

Hier wird das System noch einmal einfacher:

  • Streifenfarben haben keine Bedeutung für die Division.

  • Ein Gelb-Weiß, Gelb oder Gelb-Schwarz startet in derselben Gürtelklasse: Gelb.

  • Die Einteilung erfolgt nur nach Grundfarbe und Altersklasse.

Altersklassen-Beispiele (IBJJF-Standard)

  • Mighty Mite (4–5 Jahre)

  • Pee Wee (6–7 Jahre)

  • Junior (8–9 Jahre)

  • Teen 1 (10–11 Jahre)

  • Teen 2 (12–13 Jahre)

  • Teen 3 (14–15 Jahre)

Innerhalb jeder Altersklasse wird nach Gürtelfarbe getrennt.

Ein 12-jähriger Gelbgurt kämpft also nicht gegen einen 7-jährigen Gelbgurt, selbst wenn sie dieselbe Farbe tragen.

4️⃣ Der Übergang zu den Erwachsenen-Gürteln

Der Wechsel von Grün zu Blau ist für viele Kinder ein großer Schritt. Ab dem 16. Geburtstag werden sie Juvenile und wechseln ins Erwachsenensystem.

Wichtig:

  • Direkter Sprung von Grün zu Lila ist nicht erlaubt.

  • Mindesthaltezeiten für Blau gelten auch hier.

  • Für viele ist der Wechsel herausfordernd, da sich Kampfzeiten, erlaubte Techniken und die Wettkampfintensität deutlich verändern.

5️⃣ Warum das System so kompliziert wirkt

Mehr Farben = mehr Zwischenziele.

Das motiviert Kinder, aber es macht das System auch komplexer für Eltern und neue Trainer.

Dazu kommt:

  • Unterschiedliche Umsetzung in Gyms

  • Vereinfachte Wettkampf-Einteilung

  • Feste Altersgrenzen, die nicht jedem logisch erscheinen

  • Unterschiedliche Anforderungen zwischen Gym und IBJJF-Turnier

6️⃣ Was Eltern und Trainer beachten sollten

  • Fragen stellen: Wenn ein Kind den Gürtel wechselt, nach den Kriterien fragen – nicht nur nach der Zeit.

  • Wettkampf-Check: Bei IBJJF-Turnieren zählt nur die Grundfarbe – Streifen spielen keine Rolle.

  • Übergänge planen: Gerade der Sprung zu Juvenile-Bluebelt sollte begleitet werden, um Überforderung zu vermeiden.

Fazit

Das IBJJF-Kinder-Gurtsystem ist nicht kompliziert, weil jemand es „kompliziert machen wollte“, sondern weil es versucht, mehrere Ziele gleichzeitig zu erfüllen: Motivation, Sicherheit, Fairness.

Wer die Unterschiede zwischen Theorie, Praxis und Wettkampf kennt, kann Kinder im BJJ besser unterstützen – egal, ob sie nur aus Spaß trainieren oder ambitionierte Wettkämpfer sind.

📌 Disclaimer:

Diese Darstellung basiert auf dem offiziellen IBJJF-Regelwerk und praktischen Erfahrungen in Gyms. Änderungen oder Anpassungen durch die IBJJF sind jederzeit möglich.Offizielle Infos: https://ibjjf.com/rules/

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