đŸ„‹ Kritik geben als Trainer im BJJ – ohne die Beziehung zu killen

Du beobachtest eine Runde. Du siehst einen Fehler. Und du weißt sofort: Wenn ich das jetzt nicht anspreche, macht er’s morgen wieder falsch.
Also sagst du was. Direkt. Vielleicht vor der Gruppe. Und dann merkst du: Dein SchĂŒler wird still. Oder trotzig. Oder kommt am nĂ€chsten Tag einfach nicht mehr.

Willkommen in der RealitÀt von Coaching im BJJ.
Denn: Technik zu erklĂ€ren ist das eine. Menschen zu fĂŒhren, ist das andere.

Und genau darum geht’s in diesem Beitrag:
Nicht um pĂ€dagogische Ratgeber-Floskeln – sondern um die ehrliche, praktische Frage:

Wie gibst du als Trainer Kritik, ohne dass dein GegenĂŒber innerlich aussteigt?

🎯 1. Zielcheck: Was willst du mit deiner Kritik eigentlich erreichen?

Bevor du ĂŒberhaupt den Mund aufmachst, stell dir eine einfache Frage:

Will ich gerade helfen – oder einfach nur Frust loswerden?

Denn das passiert schnell: Ein SchĂŒler macht zum zehnten Mal denselben Fehler. Du hast’s gefĂŒhlt tausendmal gesagt. Und irgendwann kippt die innere Haltung von „Ich erklĂ€r’s nochmal“ zu „Was stimmt mit dem nicht?!“

Sobald du in diesem Modus bist, ist deine Kritik keine Hilfe mehr.
Sie ist eine Entladung. Und damit im schlimmsten Fall destruktiv.

Besser:
Mach dir bewusst, was du konkret verbessern willst.
Ein Verhalten. Eine technische Entscheidung. Ein Mindset-Aspekt.
Und dann ĂŒberleg dir, wie du genau das adressierst – nicht die ganze Person.

💬 2. Tonlage: Klar sagen ≠ bloßstellen

NatĂŒrlich kannst du direkt sein. Klar. Konstruktiv. UnverblĂŒmt.
Aber du solltest unterscheiden zwischen:

  • Fehler ansprechen
    („Wenn du den Arm so hebst, gibst du den Backtake frei.“)

  • Person angreifen
    („Was war das denn bitte?“ oder „Das war ja komplett falsch 
“)

Das Problem: In der Dynamik des Trainings kommt ein falscher Satz schnell wie eine Abwertung rĂŒber – auch wenn du’s gar nicht so gemeint hast.

Und ja, manche SchĂŒler sind dĂŒnnhĂ€utiger als andere.
Aber genau das gehört zur FĂŒhrungsrolle: einschĂ€tzen, wie viel jemand wann vertrĂ€gt.

Kritik ist kein Instrument zur AbhÀrtung.
Sie ist ein Werkzeug zur Entwicklung – wenn du sie prĂ€zise einsetzt.

🕐 3. Timing: Nicht immer jetzt, nicht immer vor allen

Der beste Inhalt kann verpuffen – wenn das Timing mies ist.

Typische No-Gos:

  • Direkt nach einer emotionalen Runde, wenn Puls und Frust noch hoch sind

  • Vor der ganzen Gruppe, wenn jemand gerade sowieso ĂŒberfordert ist

  • Zwischen TĂŒr und Angel, wenn keine Zeit fĂŒr Nachfragen bleibt

Besser:

  • Kurz nicken wĂ€hrend der Runde – und das GesprĂ€ch nachher fĂŒhren

  • Nach dem Training Feedback anbieten: „Kann ich dir was zeigen, was mir aufgefallen ist?“

  • In EinzelgesprĂ€chen reflektieren: „Was war deine Idee in der Situation?“ → Und dann erst bewerten.

So zeigst du: Ich bin hier, um dich weiterzubringen – nicht um dich kleinzumachen.

🔍 4. Konkretheit schlĂ€gt Urteil

„Das war schwach.“
„Du musst aggressiver werden.“
„Dir fehlt einfach der Wille.“

Das sind SĂ€tze, die vielleicht aus deiner Sicht stimmen.
Aber sie helfen nicht.

Weil sie nichts Konkretes bieten, woran der SchĂŒler arbeiten kann.
Besser sind Formulierungen wie:

  • „Du warst gut dran – aber dann hast du kurz gezögert, statt durchzuziehen.“

  • „Wenn du da den Frame schneller setzt, bleibt dir der Underhook.“

  • „Dein Reaktionstempo ist top – aber deine HĂŒfte bleibt zu passiv.“

âžĄïž So weiß dein SchĂŒler, was genau er verbessern kann.
Und nicht nur, dass du enttÀuscht bist.

🔄 5. Kritik ist keine Einbahnstraße

Viele Trainer vergessen: Kritik ist kein Monolog.
Du kannst Feedback auch als Dialog gestalten. Beispiel:

  • „Wie hast du die Situation empfunden?“

  • „Was war dein Gedanke bei dem Move?“

  • „Hast du selbst gemerkt, dass du da offen warst?“

Solche Fragen öffnen das GesprÀch.
Und oft merkst du: Dein SchĂŒler war gar nicht unwillig – sondern hatte einen Plan, der einfach nicht aufgegangen ist.

Das Ă€ndert auch dein Feedback. Du musst weniger „richtigstellen“ – und mehr begleiten.

đŸ˜¶â€đŸŒ«ïž 6. Und wenn die Reaktion kommt?

Du gibst sachlich Kritik. Und trotzdem: Dein SchĂŒler wird defensiv. Oder zieht sich zurĂŒck.

Das kann passieren. Und es heißt nicht, dass du alles falsch gemacht hast.
Manchmal triggert Kritik Dinge, die nichts mit dir zu tun haben: Selbstzweifel, alte Erfahrungen, Stress im Alltag.

Aber: Du bist mitverantwortlich fĂŒr die GesprĂ€chskultur.

Wenn du merkst, dass etwas nicht gut angekommen ist – frag nach.
„War das okay fĂŒr dich gerade?“
„Ich wollte nicht ĂŒberfahren – sag, wenn was unklar war.“

So entwickelst du nicht nur technische QualitĂ€t. Sondern eine Trainingskultur, in der Kritik normal – und nicht bedrohlich ist.

📌 Fazit: Kritik prĂ€gt – ob du willst oder nicht

Als Trainer hinterlÀsst du Spuren.
Mit jeder Korrektur.
Mit jedem Satz.
Mit jedem Blick nach einer Runde.

Und du hast die Wahl:

âžĄïž Entwertest du – oder entwickelst du?
âžĄïž Triggerst du – oder trainierst du?
âžĄïž Gibst du Feedback – oder nur Druck?

Kritik ist ein Werkzeug.
Wenn du’s prĂ€zise einsetzt, wĂ€chst dein SchĂŒler – und du mit.

Weiter
Weiter

đŸ’„ „Mein Kind hat Stress mit einem anderen Kind beim BJJ – teil 2!“