Warum Probetrainings oft einschüchtern – und was gute Trainer anders machen
Ein Probetraining sollte neugierig machen, Spaß bringen, motivieren.
Doch für viele Menschen fühlt es sich eher an wie eine Prüfung.
Oder schlimmer: wie ein sozialer Härtetest.
Wer selbst lange trainiert, vergisst leicht, wie viele Unsicherheiten am Anfang mitschwingen. Körperlich, emotional, zwischenmenschlich.
Dabei entscheidet gerade das erste Training oft darüber, ob jemand dabeibleibt – oder nie wiederkommt.
Was macht Probetrainings so unangenehm?
Zunächst einmal: Die Entscheidung, überhaupt zu erscheinen, ist für viele bereits ein Kraftakt.
Man betritt einen fremden Raum, in dem andere sich offensichtlich auskennen – man selbst aber nicht.
Man trägt vielleicht noch normale Sportkleidung, während alle anderen in einheitlichen Gis oder No-Gi-Outfits rumlaufen.
Niemand sagt einem, wohin man sich stellen soll, wann man sich verbeugt, was gleich passiert. Es ist laut. Es riecht anders. Es ist eng. Man weiß nicht, ob man sich richtig bewegt oder einfach nur im Weg steht.
Dazu kommt: BJJ ist ein Kontaktsport. Und zwar ein sehr enger.
Körperkontakt mit Fremden – für viele ein echtes Thema.
Vor allem, wenn man noch nie geboxt, gerungen oder ähnliches gemacht hat. Selbst jemand, der sportlich ist, kann sich in dieser neuen Welt vollkommen verloren fühlen.
Und dann der Klassiker: Man wird einfach „mitlaufen“ gelassen. Technik gezeigt – okay. Sparring – okay. Aber keine Einführung, keine Anleitung, keine echte Integration. Man spürt sofort: Ich bin hier der Anfänger. Und nicht im positiven Sinne, sondern als Fremdkörper in einer eingeschworenen Gruppe.
Warum viele Probetrainings enttäuschen
Das größte Problem ist nicht das Training selbst. Es ist die fehlende Führung. Viele Trainer sind technisch stark, aber unterschätzen, wie wichtig Atmosphäre und Kommunikation sind – gerade beim ersten Kontakt.
Es wird zu viel Technik in zu kurzer Zeit gezeigt. Die Namen der Positionen sagen Anfängern nichts. Und häufig wird der Kontakt mit Fortgeschrittenen gar nicht aktiv hergestellt.
Schlimmer noch: Manche Gruppen senden unterschwellige Signale wie „Du musst dich erst beweisen“ oder „Nur wer durchhält, gehört dazu“. Das mag bei manchen funktionieren – aber es schreckt viele ab, die eigentlich motiviert wären, wenn man sie abholt statt überfordert.
Was gute Trainer anders machen
Ein guter Trainer erkennt sofort, wer neu ist. Und er weiß: Diese Person entscheidet gerade, ob sie diesem Sport – und diesem Umfeld – vertrauen will.
Deshalb…
…begrüßt er neue Teilnehmer persönlich.
…erklärt kurz, was heute passieren wird.
…stellt sie ggf. einem erfahrenen, ruhigen Trainingspartner zur Seite.
…verzichtet auf unnötig komplizierte Technik.
…begleitet Sparring aktiv oder gibt eine klare Alternativen wenn nötig.
…stellt Fragen: „War alles verständlich?“ – „Wie hast du dich gefühlt?“
Er oder sie schafft einen Raum, in dem niemand sich beweisen muss. Sondern lernen darf.
Probetraining als Verantwortung
Wenn jemand zum ersten Mal ein Probetraining macht, bringt er nicht nur körperliches Interesse mit. Sondern auch Verletzlichkeit. Und Hoffnung. Es wäre schade – und unnötig – diese Chance zu verspielen.
Ein guter Einstieg ist nicht weichgespült. Er ist respektvoll, klar und menschlich. Wer das als Trainer versteht, wird nicht nur mehr Mitglieder gewinnen, sondern auch bessere Trainingspartner formen. Denn wer sich gesehen fühlt, bleibt. Und wer bleibt, wächst.

