Wie man eine BJJ-Technik wirklich studiert – und was die meisten dabei falsch machen

Viele trainieren Techniken im Brazilian Jiu-Jitsu nach dem Prinzip „einfach irgendetwas Neues lernen“ – doch wer sein Spiel wirklich weiterentwickeln will, sollte systematisch vorgehen. Technikstudium ist kein wahlloses Ansammeln von Bewegungen, sondern ein gezielter Prozess, der mit einem klaren Problem beginnt und über mehrere Etappen läuft.

1. Ausgangspunkt: Ein konkretes Problem

Statt wahllos eine Technik aus einem Video zu übernehmen, sollte der Ausgangspunkt immer eine wiederkehrende Schwierigkeit im eigenen Sparring sein. Vielleicht gelingt es nicht, aus Position X zu entkommen, oder ein bestimmter Sweep funktioniert bei einem bestimmten Gegnertyp nicht.

Ohne konkretes Problem fehlt der Bezug – man trainiert dann oft Lösungen für Situationen, die im eigenen Spiel kaum vorkommen.

2. Erste Lösungsversuche auf der Matte

Das Ziel ist nicht sofort Perfektion, sondern das Austesten von Ideen. Mit einem Partner kann man verschiedene Ansätze ausprobieren, um zu sehen, welche Bewegungen grundsätzlich in die richtige Richtung gehen. An diesem Punkt ist es völlig normal, dass die Lösungen noch roh und unvollständig sind.

3. Recherchephase

Erst wenn klar ist, wo das Problem liegt und was ungefähr funktionieren könnte, lohnt sich der Blick ins Material:

  • Matches beobachten: Suchen nach Athleten, die ähnliche Situationen erfolgreich lösen.

  • Instructionals gezielt nutzen: Nicht einfach alles 1:1 nachahmen, sondern gezielt nach dem Abschnitt suchen, der das konkrete Problem behandelt.

  • Realismus prüfen: Was in einem Highlight-Video funktioniert, muss nicht automatisch ins eigene Spiel passen.

4. Häufige Fehler in dieser Phase

  • Zufallsauswahl: Techniken nur lernen, weil sie spektakulär aussehen oder viral gehen. Ergebnis: ein fragmentiertes, unsicheres Spiel.

  • Komplettkopie: Ein ganzes Instructional durcharbeiten, ohne Bezug zum eigenen Problem – und dann frustriert sein, weil der Partner im Sparring ganz anders reagiert.

  • Keine Beobachtung echter Kämpfe: Nur Theorie konsumieren, ohne zu sehen, wie Techniken unter Wettkampfdruck funktionieren.

5. Umsetzung unter günstigen Bedingungen

Die ersten Sparringsversuche sollten bewusst gegen leichtere oder technisch schwächere Partner stattfinden. So bekommt man genügend Wiederholungen, ohne dass die Technik direkt im Keim erstickt wird.

6. Feintuning

Oft sind es Kleinigkeiten – ein Griffwinkel, ein bestimmtes Timing, eine Fußposition –, die eine Technik von „fast funktioniert“ zu „funktioniert zuverlässig“ bringen. Diese Details können aus Matches, Coaching-Hinweisen oder beiläufigen Sätzen in einem Video kommen.

7. Test unter realistischen Bedingungen

Früher oder später muss die Technik gegen den ursprünglichen, „problematischen“ Partner getestet werden – in einer intensiven Runde, bei der jeder Zentimeter zählt. Das ist der echte Prüfstand.

8. Der Kreislauf geht weiter

Eine gelöste Schwierigkeit bringt fast immer ein neues Problem mit sich: Der Gegner reagiert anders, blockiert auf neue Weise oder zwingt in eine ungewohnte Situation. Wer diesen Zyklus bewusst durchläuft, entwickelt sein Spiel konstant weiter – statt nur zufällig besser zu werden.

Bonus: Eigene Runden filmen

Eine der effektivsten, aber am seltensten genutzten Methoden ist das Filmen der eigenen Sparrings. Die Perspektive von außen macht es oft leichter, wiederkehrende Fehler und ungenutzte Chancen zu erkennen. Diese Beobachtungen können dann direkt den Startpunkt für den nächsten Lernzyklus bilden.

Fazit:

Technikstudium im BJJ ist kein lineares Auswendiglernen, sondern ein wiederholter Problemlösungsprozess. Wer mit einem klaren Problem startet, gezielt recherchiert, realistisch testet und die Erkenntnisse immer wieder anpasst, baut ein solides, individuelles Spiel auf – statt ein Sammelsurium aus unverbundenen Techniken.

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